Die Situation kennen sicherlich viele von uns noch aus eigener Erfahrung: Wir haben uns stundenlang hingesetzt und den Lernstoff „gepaukt“. Mit viel Glück konnten wir diesen dann in der Prüfung wiedergeben. Aber schon nach wenigen Tagen war der Lernstoff wieder aus unserem Gedächtnis verschwunden. Mit viel Pech saß der Lernstoff noch nicht richtig fest und wir konnten ihn in der Prüfung schon nicht mehr abrufen. Genauso geht es heute auch Ihren Kindern. Wäre es nicht toll, wenn es auch anders ginge?
Die gute Nachricht: Es geht anders! Damit Wissen in Prüfungen sicher abgerufen werden kann, muss es vom Kurzzeitgedächtnis in unser Langzeitgedächtnis wandern. Doch unser Gehirn hat so seine Vorlieben, wenn es darum geht den Lernstoff in unser Langzeitgedächtnis zu lassen. Hat ihr Kind die richtigen Schlüssel griffbereit, öffnet es damit dem Lernstoff Tür und Tor ins Langzeitgedächtnis. Einige dieser Schlüssel lassen Lernen spielend leicht gelingen:
Schlüssel 1: Wiederholungen
Nein, es geht nicht ohne Wiederholungen! Je nach Lerntraining gibt es unterschiedliche Aussagen zu der Häufigkeit und dem Abstand zwischen den Wiederholungen. Einigkeit besteht jedoch darin, dass fünfmal an einem Tag keine ideale Wiederholung ist. Die erste Wiederholung des Lernstoffs sollte am Abend unmittelbar vor dem Einschlafen erfolgen. Das signalisiert dem Gehirn, dass diese Informationen wichtig sind – schließlich beschäftigen wir uns kurz vor dem Einschlafen ja nicht mit Belanglosigkeiten. Die nächsten Wiederholungen sollten 2-3 Tage später, nach einer Woche, einem Monat und drei Monaten erfolgen.
Schlüssel 2: alle Sinneskanäle nutzen
Je mehr Sinneskanäle für die Wiederholungen des Lernstoffs genutzt werden, um so besser. Warum also nicht mal den Lernstoff als Moderator einer Wissensendung vom Kind vortragen lassen oder einen Podcast zum Themen aufnehmen. Ihr Kind könnte auch einen Song oder Rapp zu den Vokabeln schreiben, die es gerade lernen muss.
Schlüssel 3: Emotionen
Dinge, die mit positiven Emotionen verbunden sind, speichert unser Gehirn besser ab. Zugegeben, den Spaß am Lernen haben leider viele Kinder und Jugendliche bereits verloren. Doch das muss nicht so bleiben. Mit Lernspielen wiederholt sich der Lernstoff gemeinsam mit der Familie oder mit den Freunden und jeder Menge Spaß.
Zwei Lernspiele stelle ich Ihnen in diesem Beitrag ganz ausführlich vor und fünf Lernspiele kurz & knapp. Noch mehr Lernspiele und Vorlieben des Gehirns zeige ich den Kindern und Jugendlichen in meinen Lerncoachings.
Lernspiel-Idee 1: Mensch ärgere dich nicht
„Mensch ärgere dich nicht“ bietet sich vor allen Dingen an, wenn die Kinder einer Familie unterschiedlichen Lernstoff wiederholen möchten oder aber ein Kind für Prüfungen in verschiedenen Fächern lernen möchte.
Durch das Spiel mit Karteikarten ist dieses Lernspiel nicht nur für Vokabeln oder das 1×1 geeignet, sondern für sämtlichen Lernstoff, der abgefragt werden kann. Auf den Karteikarten können ganze Fragen gestellt und beantwortet werden. Die Karteikarten kann Ihr Kind im Anschluss auch weiter zum Lernen und Wiederholen verwenden bzw. kann Ihr Kind für das Lernspiel auch die Karten aus seinem Karteikasten nutzen, den es möglicherweise schon angelegt hat.
Sie brauchen dafür:
- einen alten Spielplan von Mensch ärgere dich nicht
- Spielsteine und Würfel
- Klebepunkte
- Karteikarten oder ähnliche kleine Zettel
- einen Stift
Spielvorbereitung:
Verteilen Sie die Klebepunkte in Abhängigkeit der gewählten Spielvariante gleichmäßig auf dem Spielplan. Verwenden Sie dabei so viele Farben, wie Ihr Kind unterschiedlichen Lernstoff hat. Bei der Spielvariante 1 können alle Felder des Spielplans mit Klebepunkten versehen werden, bei der Spielvariante 3 sollten es nur einzelne Felder sein.
Lassen Sie Ihr Kind nun den Lernstoff auf Karteikarten schreiben: auf eine Seite die Frage und auf der anderen Seite die Lösung. Verwenden Sie pro Lernstoff eine Karteikartenfarbe und nutzen Sie hierfür die Farben, welche Sie auch für die Klebepunkte verwendet haben.
So wird gespielt:
Sie spielen ganz klassisch „Mensch ärgere dich nicht“. Kommt ein Spieler mit seinem Spielstein auf ein Feld mit einem Klebepunkt, so zieht er eine Karteikarte und beantwortet die Frage. Weiß er die Antwort nicht, darf er einfach nachschauen. Es geht hier nicht darum, wer die meisten Antworten weiß, sondern lediglich um die Wiederholung des Lernstoffs. Anschließend wird die Karteikarte wieder unter den Stapel gepackt und der nächste Spieler ist am Zug. Das Lernspiel kann in unterschiedlichen Varianten gespielt werden:
Variante 1: Wenn alle Mitspieler unterschiedlichen Lernstoff wiederholen möchten.
Schreiben Sie den Lernstoff jedes Mitspielers auf eine Farbe der Karteikarten und verwenden Sie die dazu passenden Spielsteine. Kommt der Spieler nun auf eine Feld mit einem Klebepunkt in seiner Farbe, so zieht er eine Karte vom Karteikartenstapel in seiner Farbe.
Variante 2: Wenn ein Mitspieler unterschiedlichen Lernstoff wiederholen möchte.
Schreiben Sie den Lernstoff eines Schulfachs auf die Karteikarten einer Farbe. Kommt ein Spieler nun auf ein Feld mit einem Klebepunkt, so wird eine Karte des farbig passenden Stapels gezogen.
Variante 3: Wenn alle Mitspieler den Lernstoff eines Schulfachs wiederholen möchten.
Schreiben Sie den Lernstoff auf die Karteikarten. Kommt ein Spieler nun auf ein Feld mit einem Klebepunkt, so wird eine Karte gezogen.
Lernspiel-Idee 2: Der Wackelturm
Der Wackelturm ist ideal, um Vokabeln oder das 1×1 zu wiederholen. Je nachdem welche Seite beim Ziehen des Steins oben ist, wird bei Vokabeln von Deutsch zu Englisch abgefragt oder umgekehrt und beim 1×1 die Multiplikation oder Division abgefragt.
Durch die Verwendung von Washi-Tape kann der Wackelturm immer wieder für neue Aufgaben und neue Vokabeln angepasst werden oder natürlich auch in seiner ursprünglichen Version gespielt werden.
Sie brauchen dafür:
- einen Wackelturm
- Washi-Tape (möglichst ohne Muster)
- einen Stift
Spielvorbereitung:
Entscheiden Sie zunächst, ob alle Steine mit den Vokabeln bzw. dem 1×1 beschriftet werden sollen oder ob es auch einige ohne geben soll. Bekleben Sie dann die Steine, die Sie verwenden möchten, vorne und hinten mit Washi-Tape. Schreiben sie nun auf eine Seite die Vokabel und auf die andere Seite die Übersetzung.
Wenn Sie das 1×1 üben möchten, schreiben Sie auf die eine Seite die Multiplikationsaufgabe (also z.B. 6×5) und auf die andere Seite die Divisionsaufgabe (also z.B. 30:5). Jeweils die erste Zahl ist so die Lösung der Aufgabe auf der anderen Seite.
So wird gespielt:
Gespielt wird ganz klassisch: Bauen Sie nun den Turm wie gewohnt auf. Wenn nicht alle Steine eine Aufgabe oder Vokabel enthalten, so versuchen Sie möglichst gut durchzumischen. Jeder Spieler versucht einen Stein aus dem Turm zu lösen, ohne dass dieser zusammenfällt oder umkippt. Zieht der Spieler einen Stein mit einer Aufgabe oder Vokabel, löst er diese. Auch hier geht es nicht darum, wer am Ende die meisten Aufgaben richtig gelöst oder die meisten Vokabel gewusst hat. Im Vordergrund steht wieder ausschließlich die Wiederholung.
Weitere Lernspiele kurz vorgestellt
Domino
Domino lässt sich ganz wunderbar mit Vokabeln, dem 1×1 oder auch sämtlichen anderen Lernstoff spielen. Alles was Sie dafür brauchen ist Papier oder Pappe und einen Stift. Bei der Vorbereitung des Spiels müssen Sie lediglich immer darauf achten, dass auf dem rechten Feld des einen „Dominosteins“ die Frage oder Aufgabe steht und auf dem linken Feld des nächsten „Dominosteins“ die dazu passende Antwort oder Lösung. Gespielt wird dann nach den klassischen Domino-Regeln.
Wenn Sie das Domino eines Lernstoffs häufiger spielen möchten, dann laminieren Sie die „Dominosteine“ am besten und bewahren Sie sie in leeren Kartenspielhüllen oder Karteikästen auf.
Memory
Memory können Sie, wie auch das Domino-Lernspiel, sowohl für Vokabeln, das 1×1 oder jeden anderen Lernstoff nutzen. Stellen Sie hierzu immer ein Paar aus der Frage bzw. Aufgabe sowie der Antwort bzw. Lösung her. Sie können hier auch mal kreativ werden und z.B. einen Gegenstand zeichnen, zu welchem dann die passende Vokabel gefunden werden muss. Gespielt wird anschließend ebenfalls nach den klassischen Memory-Regeln.
Auch die Memory-Karten können Sie für eine häufigere Nutzung laminieren und in leeren Kartenspielhüllen oder Karteikästen aufbewahren. Gerade bei Geschwisterkindern lohnt sich dieses Vorgehen.
Schnitzeljagd
Die Schnitzeljagd ist perfekt zum Wiederholen von Vokabeln. Es gilt bei der Lernspiel-Variante über die gefundene Vokabel den Ort zu finden, an welchem die nächste Vokabel versteckt ist. Das kann natürlich ganz direkt sein: So kann die Vokabel „window“ auf das Fenster hinweisen. Sie können sich aber auch indirekte Hinweise ausdenken: So kann die Vokabel „to travel“ zum Beispiel den Koffer hindeuten.
Das Gehirn liebt dieses Lernspiel, denn es verbindet den Lernstoff mit Bewegung bzw. Aktionen und Bildern bzw. Gegenständen. Direkte Hinweise wie z.B. window – Fenster können Sie im Anschluss auch nutzen, um den Hinweis als „PostIt“ hängen zu lassen. So kann die Vokabel in den nächsten Tagen im Vorbeigehen immer wieder wahrgenommen und wiederholt werden.
Suchsel und Kreuzworträtsel
Mit Suchsel und Kreuzworträtsel können Vokabeln und Lernbegriffe wiederholt und gefestigt werden. Hierfür gibt es im Web schon viele gute und auch kostenlose Anbieter. Sie brauchen nur Ihre Lernbegriffe oder Vokabeln einzugeben und schon werden Suchsel oder Kreuzworträtsel generiert.
Für Kinder und vor allem Jugendliche, die lieber digital agieren möchten, gibt es auch Angebote, bei welchen das Rätsel anschließend online gelöst werden kann.
Es lohnt sich aber auch, nach fertigen Kreuzworträtseln zu suchen. Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden, sondern darf gern auch mal auf Fertiges zurückgreifen.
Montagsmaler
Montagsmaler ist das ideale Lernspiel für Lerngruppen oder Klassen und eignet sich besonders gut für Vokabeln und Lernbegriffe. Es werden zunächst die Lernbegriffe oder Vokabeln auf Zettel geschrieben und zwei Teams gebildet. Nun muss jeweils einer aus dem Team einen Begriff ziehen und zeichnen. Seine Teammitglieder müssen den gesuchten Begriff erraten. Gelingt dies, erhält das Team einen Punkt und das andere Team ist an der Reihe.
Für den besonderen Kick kann dieses Lernspiel auch noch einen Zeitfaktor erhalten: Zum Beispiel haben die Teams jeweils 2 Minuten Zeit, um einen Begriff zu erraten.
Übrigens: Wenn Ihr Kind die Kartei-, Domino- oder Memorykarten selbst schreibt, wiederholt es schon beim Vorbereiten des Spiels den Lernstoff. So kommt Ihr Kind ohne viel Anstrengung bereits auf drei Wiederholungen:
- am Abend des Erlernens den Lernstoff einfach nur durchlesen
- 2-3 Tage nach dem Erlernen ein Lernspiel mit dem Lernstoff vorbereiten
- eine Woche nach dem Erlernen das Lernspiel spielen
Welche weiteren Lernstrategien helfen, den Lernstoff zu wiederholen, lernen die Kinder und Jugendlichen in meinen Lerncoachings.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Kind nun viel Spaß beim Ausprobieren!